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Castro - Graphic Novel / Comic
von Reinhard Kleist, mit einem Vorwort von Volker Skierka
280 Seiten, Hardcover, farbig, Deutschland: € 16,90 / Oesterreich: € 17,40 / Schweiz: sFr 30,90, Erscheinungsdatum: 1. Oktober 2010, Carlsen Verlag, ISBN 978-3-551-78965-5
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Marta Feuchtwanger Copyright Volker Skierka
Ein Don Quijote gegen Dummheit und Gewalt
Einstündiges Radio-Feature von Volker Skierka für NDR-Kultur aus Anlass des 50. Todestages am 21. Dezember 2008 und des 125. Geburtstages des deutsch-jüdischen Schriftstellers Lion Feuchtwanger am 7. Juli 2009 sowie ein Gespräch mit dem Schriftsteller und Literaturexperten Prof. Fritz J. Raddatz.

Der Freund und Weggefährte von Bertolt Brecht, Heinrich und Thomas Mann, Arnold Zweig sowie anderen literarischen Zeitgenossen zählte zu den ersten, den die Nationalsozialisten nach der Machtergreifung Hitlers ausbürgerten. 1933 zog der Verfasser historischer Romane wie „Jud Süß“, „Erfolg“, „Der jüdische Krieg“ und „Goya“ zunächst nach Sanary-sur-mer an der französischen Mittelmeerküste. 1940, nach dem Überfall Deutschlands auf Frankreich, mußte er er unter dramatischen Umständen in die USA fliehen. „Die Dummheit der Menschen ist weit und tief wie das Meer“, schrieb er 1933 in einem Brief an Zweig. Seine Arbeit widmete der linksbürgerliche Romancier dem – vergeblichen - Kampf der Vernunft gegen Dummheit und Gewalt. Volker Skierka, Journalist und Biograf Feuchtwangers, zeichnet dessen Leben anhand von Dokumenten, Interviews und – bislang unveröffentlichter - Tonbandaufnahmen zahlreicher Gespräche nach, die der Autor einst mit Feuchtwangers Witwe Marta und seiner Sekretärinnen Lola Sernau führte.
(Mehr unter Menüpunkten "Publikationen / Lion Feuchtwanger" sowie "Villa Aurora")

Konzentrationslager Birkenau (Auschwitz). - Text und Fotos: Volker Skierka
Weiße Flecken, dunkle Geschichte
Aus: Der Tagesspiegel, 20. Jan. 2006

80 Jugendliche, Deutsche und Polen, auf der Suche nach der Wahrheit, die die Nazis unterdrückt haben. Versuch einer Versöhnung

Alles ist wie in Watte gebettet. Der Schnee liegt hoch, die Bäume und der doppelte Stacheldrahtzaun sind weiß überpudert. In klirrender Kälte passieren die polnischen Germanistik-Studentinnen Kasia Król und Maria Mrówca das weit geöffnete Tor unter dem Schriftzug „Arbeit macht frei“. Es ist früh am Tag. Man ist allein im ehemaligen Menschen-Vernichtungslager Auschwitz und Birkenau. Stumm, in sich gekehrt und ziellos gehen die jungen Frauen durch die einsamen Lagerstraßen, stehen in einer der ehemaligen Gefangenen-Unterkünfte plötzlich vor einer 20 Meter langen Glaswand, hinter der zwei Tonnen Menschenhaar liegen. Es konnte wegen der Befreiung des KZs nicht mehr an die Textilindustrie geliefert werden.

Kasia, die große, schlanke Dunkelhaarige, ist 21 Jahre alt, Maria, etwas kleiner und blond, ist 23. Ihre Gesichter sind wie versteinert. Draußen sagt Kasia nur: „Wenn man daran denkt, dass viele der Täter und der Opfer in unserem Alter waren …“ Dann nimmt Maria den Faden auf und sagt: „Ich glaube, es ist wichtig für die Deutschen, dass Menschen anderer Nationen mit ihnen darüber sprechen.“
In dem massiven roten Backsteinbau mit der Nummer 24, wo das Archiv jenes Ortes untergebracht ist, haben Kasia und Maria mit drei Kommilitoninnen und einem Kommilitonen von der Universität des 60 Kilometer entfernten Krakau mit einem einzigartigen deutsch-polnischen Geschichtsprojekt begonnen.

Die Studenten forschten nach Lücken und Manipulationen in der seit dem Überfall Hitlers auf Polen 1939 gleichgeschalteten Lokalpresse. Diese „weißen Flecken“ in der offiziellen Berichterstattung, versuchten die Studenten 60 Jahre nach Kriegsende mit Wahrheiten zu füllen. „Hunderte von dicken Bänden, Tagebücher und Dokumente, liegen hier“, sagen sie. „Wir haben einfach einige herausgegriffen, darin geblättert und gelesen. Das war der Anfang.“
Herausgekommen ist dabei aber nicht eine neue Arbeit über den Massenmord von Auschwitz, sondern eine Untersuchung über ein nahezu unbekanntes Thema – über den damals weitverzweigten und oft tödlichen Widerstand der gut organisierten polnischen Pfadfinderbewegung und deren Untergrundpresse im Raum Krakau...
(Klicken Sie oben links im Menü auf "Texte" und lesen Sie weiter)

Volker Skierka: "Armin Mueller-Stahl - Begegnungen. Eine Biografie in Bildern."
216 Seiten gebunden, €39,90, erschienen im Oktober 2002 im Knesebeck Verlag München, ISBN 3-89660-139-3
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  E-Mail an Volker Skierka
 
TEXTCLIP AUS: Sinfonien in Herrenhäusern und Scheunen

Frantz im Glück

Volker Skierka porträtiert Justus Frantz
[Copyright: Rasch und Röhring Verlag, Hamburg, 1988)



WER IST JUSTUS FRANTZ? Er ist ein berühmter Pianist. Er ist Professor an der Hochschule für Musik und darstellende Kunst in Hamburg. Er ist Berater des Sinfonieorchesters des Bayerischen Rundfunks in München. Und er ist Intendant des Schleswig-Holstein Musik-Festivals. Vor allem aber ist er alles zusammen auf einmal und noch viel mehr. Er ist stets unerreichbar und doch allgegenwärtig. Er ist ein Hansdampf, ein Tausendsassa. Er hat viele Freunde und eigentlich keine Feinde. Sein engster Freund heißt Justus Frantz. Frantz im Glück heißt das Stück.
Schade, daß die lieben Hörerinnen und Hörer am öffentlich-rechtlichen Lokalradio einer bundesdeutschen Großstadt nicht sehen können, wie der prominente Klavierspieler, der während seiner Gastspielreise auf dem Weg zur Konzertprobe im Opernhaus mal schnell im Studio vorbeischaut, den verdutzten Moderator in Windeseile darüber aufklärt, daß es in der Ahnengalerie der großen deutschen Musiker eine direkte Linie von dem einstigen Leipziger Thomas-Kantor Johann Sebastian Bach zu Justus Frantz gibt. Frantz tut dies nämlich mit jenem gewinnenden Lächeln, das keinen Widerspruch zuläßt, sondern nur staunende Bewunderung. Es ist jenes jungenhaft-charmante, entwaffnende Lausbubenlächeln, das sein Publikum liebt, das kein spendenbedürftiger Musikmanager auf der ganzen Welt so hinkriegt wie er. Es ist seine herzhafte Art zu lächeln, die manche Leute hinter den Kulissen des Frantz-Zirkus inzwischen fürchten, ja vielleicht hassen, weil sich herausgestellt hat, daß sich dahinter nicht ein unbedarfter, weltfremder Künstler verbirgt, den man leicht für sich einspannen und/oder aufs Kreuz legen kann. Vielmehr hat sich bei dem einen und anderen herausgestellt, daß im Zweifel sie es sind, die von ihm gefangengenommen werden.
Er wird von vielen bewundert wie ein quirliger Zauberer, dessen Luftschlösser, Träume und Schwärme - Simsalabim - auf geheimnisvolle Art Wirklichkeit werden. Frantz steckt an. Als er dem Moderator beim Lokalradio schließlich ausmalt, wie "phantastisch" es doch wäre, wenn es auch "hier im Ruhrpott" so etwas wie das Schleswig-Holstein Musik - Festival gäbe und sein Freund Leonard Bernstein vor einer halben Million Menschen dirigierte, leuchten beim Abschied auch die Augen des Rundfunkmannes, obwohl in dessen Sendung zuvor ständig Musik gespielt wurde, die eigentlich unter das Lärmschutzgesetz fallen müßte.
Unterwegs, während sein Fahrer ihn schließlich in dem metallicgrün lackierten Mercedes 560 SEL zur Konzertprobe chauffiert, tippt Frantz noch schnell die Nummer vom Vorzimmer des Vorstandsvorsitzenden der Deutschen Bank, Alfred Herrhausen, in den Autotelefoncomputer. In Minutenschnelle wird bei diesem noch einmal freundlich die Bitte um eine steuerabzugsfähige Gabe über den Äther angemahnt. Freundliche Signale werden von dort zurückgefunkt. Beiläufig läßt der Bettler im Benz Namen anderer Sponsoren fallen: Windsor, Lufthansa, Bertelsmann, Audi, vielleicht Daimler?Benz. Justus Frantz, das muß man wissen, ist einer der größten Schnorrer unserer Zeit. So unverblümt offen und ehrlich wie er schnorren allenfalls noch die Wohlfahrtsverbände um Geld und Sympathisanten.
Auch sein Festival-Verein ist eine Art Wohlfahrtsverband. Er wird unterstützt und getragen von vielen Schleswig-Holsteinern, die sich übers Jahr "Rubbel"-Lose der Klassenlotterie kaufen und so ihren kleinen Kulturbeitrag zum Festival leisten. Dann sind da die über 250 000 Eintrittskartenkäufer und schließlich mit ihnen all die Kuratoren, Donatoren, Sponsoren, die Barone, Gräfinnen und Grafen, der Prinz und die Prinzessin zu Schleswig-Holstein, Gutsbesitzer, Unternehmer, Politiker, eine Vielzahl von Stützen unserer Gesellschaft, die neben ihren Namen auch den einen oder anderen Scheck dafür hergeben, daß Leonard Bernstein, Zubin Mehta, Giuseppe Sinopoli, Yehudi Menuhin, Christoph Eschenbach, Gidon Kremer, Svjatoslav Richter, Dietrich Fischer-Dieskau, Hermann Prey, Peter Schreier zwischen Eutin, Flensburg und Husum schon zu Dumpingpreisen ab zehn Mark zu erleben sind.
Endlich zur Konzertprobe im Opernhaus angelangt, vollzieht sich in der Abgeschiedenheit auf der Bühne vor den mit weißen Staublaken abgedeckten Sitzreihen die Verwandlung des Kultur-und Public?Relations?Managers in den Künstler Frantz. Wenn seine Finger über die Tasten des blankpolierten Steinway-Flügels gleiten, versinkt der Pianist ganz in der Musik Mozarts, Beethovens und Brahms', läßt seinem "Bedürfnis nach Stille und Harmonie" freien Lauf, spielt von Beethoven das G?Dur?Konzert an, die Mondscheinsonate, die A?Dur?Sonate von Mozart, die, so sagt er, "unerträglich sein kann vor Trauer und vor Glück". Und immer wieder spielt er von Mozart das C?Dur Klavierkonzert (KV 467), das an diesem Abend auf dem Programm steht.
Das C?Dur? sowie das d?Moll?Konzert (KV 466) liebt Frantz besonders. Die beiden großartigen Werke, die Mozart Anfang 1785 im Alter von knapp dreißig Jahren innerhalb nur eines Monats schrieb, bilden auch für Justus Frantz "die Pfeiler jenes stilistischen Spannungsbogens, den der ‚reife' Mozart errichtete" (Knut Franke). "Mozart" so Frantz, "ist für mich der ambivalenteste Komponist, den es gab." Das "Wegsinken" in diesen beiden Klavierkonzerten ist für ihn "der eigentlich befriedigende Zustand" und: "Es gibt eine Sehnsucht nach diesem Zustand, die immer stärker wird." Zunehmend registriert er, daß Musik immer mehr zur Umweltbelastung verkommt, und er meint damit den "Lärm, den wir eben im Radiostudio gehört haben. Dadurch haben die Menschen, um mit Rilke zu sprechen, völlig verhurte Ohren und sind in klassischen Konzerten oft überfordert." Dabei liegt es manchmal, so scheint es, nur am Angebot. Als Justus Frantz am späteren Nachmittag in einem Hinterzimmer seines Hotels weiterprobt, lockt er ein Alten?Kaffeekränzchen ebenso herbei wie das Küchenpersonal des Hotels, das sich an der Glastür lauschend die Nase plattdrückt. Das Konzert am Abend vor ausverkauftem Hause wird gleichfalls ein voller Erfolg. "Ich habe nicht gedacht", sagt er hinterher, "daß ich je in meinem Leben noch neue Konzerte lerne." Inzwischen hat er trotz seiner Multi-Funktionen fast alle 27 Mozart-Klavierkonzerte einstudiert und geht damit auf Tournee.
Noch in der Nacht fährt er pfeilschnell über die Autobahn zurück nach Hamburg. Als er um ein Uhr nachts vom Wagen aus in seinem Büro anruft, wird dort noch wie selbstverständlich gearbeitet. "Motivation" lautet Frantz' geheimnisvolle Zauberformel, mit der er verschmitzt den totalen Arbeitseinsatz seiner Mitarbeitercrew erklärt. Die ihrerseits leitet, wenn zuweilen auch reichlich erschöpft und nicht ganz ohne Ironie, ihre Einsatzfreude und Opferbereitschaft vom "Charisma" ihres Chefs ab. Inzwischen hat sich der Pianist bei Tempo 220 wieder zum Manager verwandelt, der den nächsten Tag vorbereitet. Dieser soll mit einer Vorstandssitzung des Musik-Festival-Vereins im Kieler Schloß beginnen, mit der Pressekonferenz zum diesjährigen Festival seinen Höhepunkt erreichen und mit einem Treffen aller ehrenamtlichen Helfer und Helfershelfer bei Kaffee und Kuchen seinen Ausklang finden.
Wieder einmal ist "Motivation" angesagt. Dahinter verbirgt sich freilich im Tagesgeschäft keine romantische Formel, sondern harte Überzeugungsarbeit. Durch einen Geschäftsordnungstrick, so hat er herausgefunden, wollen einige Vorstandsmitglieder offenbar noch schnell vor der Wahl ihre Interessen schützen und ein paar Schäfchen juristisch ins Trockene bringen. Doch Frantz will - nach der Barschel-Affäre zumal - das Festival aus dem Würgegriff von persönlichen und parteipolitischen Interessen heraushalten, damit es auch über politische Machtwechsel hinaus Bestand hat. Hinter den Festival-Kulissen, so scheint es also, wird ein Machtpoker gespielt. Frantz ist leicht verstimmt, murmelt etwas von: "Da bilden sich einige wohl ein, ich bin nur so ein harmloser Musiker."
Der Intendant beschließt, die Angelegenheit nun seinerseits mit einem Geschäftsordnungstrick vom Tisch zu fegen oder, falls dies nicht ausreicht, ein - natürlich freundliches - Machtwort zu sprechen.

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Cicero
Februar 2010
Guantánamo schließen - jetzt erst recht
© Volker Skierka
Die Reise ins Jenseits der Demokratie führte mich im Januar 2004 mitten hinein in eine militärische Version der „Truman Show“, jener Filmsatire von Peter Weir, in der ein ahnungsloser und gutgläubiger Kleinbürger zum Opfer einer Heile-Welt-Fernsehshow wird. In meinem Fall war das Pentagon der Regisseur der „Show“, die freilich keine Satire war, sondern blutiger Ernst. Schauplatz war der US-Marinestützpunkt Guantanamo Bay auf Kuba [...]
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NEUE ZÜRCHER ZEITUNG
9./10. August 2008
Kuba wartet auf seine Zukunft
Keine Aufbruchstimmung trotz angekündigter Veränderungen
Von Volker Skierka
Seit Raúl Castro vor zwei Jahren von seinem Bruder Fidel die Macht übernahm, sind in Kuba manche Veränderungen angekündigt und eingeleitet worden. Das Hauptproblem liegt in der Landwirtschaft, die dringend angekurbelt werden muss. Obwohl Kritik offener ausgedrückt wird, ist in der Bevölkerung keine Aufbruchstimmung spürbar.

Kuba wartet. Auf den Überlandbus, der selten kommt. Auf den alten sowjetischen Lastwagen, der mit einigen Dutzend Mitfahrern auf der Ladefläche über Strassen voller Schlaglöcher rumpelt. Auf den ausländischen Touristen mit dem komfortablen Mietwagen, bei dem ein Einheimischer sogar umsonst mitfahren kann. Oder einfach nur auf die einspännige und bunt geschmückte Pferdekutsche, die gemütlich durch den Ort trabt und Eilige ausbremst. Fröhlich und freundlich, hoffnungsvoll und optimistisch, mitunter auch erschöpft, resigniert und erloschen wartet ein ganzes Volk mit scheinbar grenzenloser Geduld jeden Tag in langen Schlangen und dicken Menschentrauben an den Strassenrändern und Weggabelungen darauf, irgendwohin mitgenommen zu werden, zur Arbeit, zu Verwandten, in die nächste Stadt – oder in ein anderes Leben... [...]
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DER TAGESSPIEGEL
13. Dezember 2008
Die Freiheit des anderen
Exilkubaner gegen Kuba – ein Terrorkampf seit Jahrzehnten. Mit Barack Obama kommt nun auch die Hoffnung auf Besserung
Von Volker Skierka
Sie werden die „Osama bin Ladens des Westens“ genannt. Luis Posada Carriles und Orlando Bosch zählen zu den gefährlichsten Terroristen der Welt. Unter den Veteranen von ihnen mitbegründeter exilkubanischer Terrornetzwerke wie „Alpha 66“, „Omega 7“, „CORU“, „El Condor“ und „Comando L“ genießen die beiden einen zweifelhaften Helden- und Kultstatus. In jenen Kreisen gelten sie als „gute“ Terroristen, weil sie über Jahrzehnte von Florida und Mittelamerika aus – immer wieder auch als feste wie freie Mitarbeiter der CIA – das Kuba der Brüder Fidel und Raúl Castro und von deren Freunden bekriegt haben. In die Hunderte geht die Zahl der im letzten halben Jahrhundert von ihnen und ihren Gesinnungsgenossen in zahlreichen Ländern, aber auch innerhalb der USA verübten, verantworteten oder zugeschriebenen Bombenanschläge, Attentate und Sabotageakte mit Explosiv- und biologischen Kampfstoffen sowie die Anzahl der menschlichen Kollateralschäden an Toten, Verletzten und Invaliden. [...]
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DIE ZEIT - Online
19. Februar 2008
Modell Kuba
Die neue Führung nach der Ära Castro wird wahrscheinlich reformbereit sein. Seine Machtelite jedoch wird versuchen, ihre Pfründe zu wahren
Von Von Volker Skierka
Es ist, als wäre er gestorben. Kaum jemand in der Welt konnte sich vorstellen, dass die Ära Fidel Castro anders zu Grabe getragen würde als in einem Sarg. Nun aber fand dies in Form der schlichten Mitteilung statt, er gebe seine Staatsämter auf.
Es passt irgendwie zu ihm, dass er seinen Abgang so inszeniert, dass er ihn auch noch selbst erleben darf. Aber vor allem auch, weil er so noch bestimmen kann, wer ihm folgt. Und das ist aller Wahrscheinlichkeit nach sein Bruder Raúl, der als Erster Vizepräsident schon seit anderthalb Jahren die Amtsgeschäfte des kranken Máximo Líder kommissarisch wahrgenommen hat.
Wenn die 624 Abgeordneten der gerade neugewählten kubanischen Nationalversammlung wie geplant am Sonntag zusammentreten und den 31-köpfigen Staatsrat, mithin praktisch die künftige Staatsführung wählen, dann dürfte der jüngere Bruder der einzige Kandidat für die Nachfolge des Staatspräsidenten sein.
Spannend an dem Ritual wird sein, wie dieser Staatsrat sonst zusammengesetzt sein wird, wer den Ministerrat bildet. Wer also jene Leute sind, die das schwierige Erbe des großen Caudillo übernehmen... [...]
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Hamburger Abendblatt,
2. März 2007
Hamburg ist nicht der Kongo
Von Volker Skierka
Was unterscheidet Hamburg vom Kongo? Und was den kongolesischen Staatspräsidenten Generalmajor Joseph Kabila von dem Hamburger SPD-Kreisvorsitzenden und Major der Reserve Johannes Kahrs (übrigens tragen beide die gleichen Initialen J. K. im Namen)? Sehr viel. Deshalb lohnt der Vergleich. Im Kongo haben voriges Jahr Kahrs' Bundeswehr-Kameraden im Auftrag der Uno für einen recht ordentlichen Ablauf der Präsidentenwahl gesorgt. In Hamburg ist hingegen etwas passiert, was man bisher nur aus Ländern wie dem Kongo kannte: Erst hat der Kreisfürst und Bundestagsabgeordnete Kahrs - Mitglied des Männerbundes Wingolf sowie des Präsidiums des Förderkreises Deutsches Heer - einen Putsch gegen sein Parteioberhaupt Mathias Petersen inszeniert.
Dann, als das Opfer sich nicht so einfach meucheln ließ, half eine manipulierte Wahl nach. Deren Ausgang erfüllte schließlich das Ziel: Der Kopf ist ab... [...]
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Der Tagesspiegel
5. August 2006
Revolutionär von der traurigen Gestalt
Fidel Castros Abschied von der Macht: Die Götterdämmerung hat längst eingesetzt. Und was kommt dann?
© Volker Skierka
Auf dem Sterbelager diktiert der große Freiheitskämpfer eine bittere Erkenntnis in sein Testament: „Wer sich der Revolution verschreibt, pflügt das Meer“, sagt er und prophezeit: „Dieses Land wird unweigerlich in die Hände einer enthemmten Masse geraten, um dann an verkappte kleine Tyrannen aller Farben und Rassen zu fallen.“ Diese letzten Worte von Simón Bolívar (1783-1830), dem Befreier Südamerikas von der spanischen Krone, finden sich in dem Roman „Der General in seinem Labyrinth“ von Gabriel García Márquez. Bei der Lektüre drängt sich der Verdacht auf, dass der Autor aber nicht nur Simón Bolívar, sondern auch seinen langjährigen Freund, den kubanischen Staatschef Fidel Castro vor Augen hatte.

Der ist so schwer erkrankt, dass er Anfang der Woche vor einer bedrohlichen Darmoperation die Macht „vorübergehend“ an seinen Bruder Raúl übertrug. Höhepunkt eines in den letzten Jahren zunehmend sichtbareren gesundheitlichen Verfalls des Máximo Líder. Damit stellen sich die Fragen nach der Zukunft der Tropeninsel drängender denn je zuvor... [...]
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B26 Europa/Lateinamerika
Feb. 2006
Zeitschrift für Kultur, Wirtschaft, Politik/ Revista de Cultura, Economía, Política
Mit Castros Tod kann die Repression auf Kuba zunehmen
Interview mit Volker Skierka
Von Guillem Sans
(Para la version espagnola: click Menü / Texte / Archiv)

Auszug:

Wie sehen Sie die Zukunft des Landes nach dem Tod des Máximo Líder?
Ich bin sehr besorgt über die Aussichten. Die amerikanische Politik ist bekannt. Mit Bush hat sich das Verhältnis eher noch verschärft. Andererseits hat man einen kleinen Spalt im Helms-Burton-Gesetz geöffnet. Unter dem Label „humanitäre Hilfe” sind seit Jahren enorme Lebensmittellieferungen nach Kuba möglich. Es ist so, dass die Kubaner jedes Jahr mittlerweile für zwischen 400 und 500 Millionen Dollar Lebensmittel gegen Barzahlung in den USA einkaufen. Das ist das Resultat einer unermüdlichen Lobbyarbeit der – eher republikanisch orientierten – amerikanischen Landwirtschaft und Lebensmittelindustrie – zum Ärger der Europäer.

Was können europäische Diplomaten tun?
Die Beziehungen zu Europa sind praktisch komplett eingefroren. Es gibt weder ein amerikanisches noch ein bekanntes europäisches Konzept für das postcastristiche Kuba. Das einzige, was man von offizieller kubanischer Seite weiß, ist, dass Raúl Castro, der fünf Jahre jüngere Bruder, die Nachfolge antreten soll, und zwar nicht als Einzelherrscher, sondern als primus inter pares. Aber Fidel Castro greift neuerdings auch jenes Wirtschaftskonzept an, mit dem Kuba in den letzten zehn Jahren eigentlich ganz gut gefahren ist. So liegt jetzt alles wieder im Dunkeln.

Wie schätzen Sie den Strategiewechsel der Europäer ein?
Die Europäer haben ja den Versuch gemacht, und zwar ausgehend von Spanien, im vorigen Frühjahr die Frostperiode zu beenden, indem sie Lockerungen in den Beziehungen in Aussicht gestellt haben. Und als man nach einigen Vorsondierungen glaubte, jetzt käme man mit den Kubanern auf offizieller Ebene wieder ins Gespräch, hat Castro das ja brüsk unterbunden. Er hat sich sogar darüber lustig gemacht, die Regierung Zapateros in Spanien düpiert und gesagt, er brauche weder Europa noch die USA. Das mag für ihn gelten, aber wie soll es nach ihm für die Kubaner weitergehen? Er sollte froh sein, dass die Europäische Union sich um Kuba mehr zu sorgen scheint als die USA, die nur das Geschäft sehen.

Stillstand also...
…und Rückschritt: für das kubanische Volk eine desaströse Situation. ... [...]
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Der Tagesspiegel
27.02.2005
Guantánamo III
Stacheldraht im Kopf
In Guantánamo sitzen zurzeit 550 Häftlinge: ein rechtsfreier Raum, ein Desaster für die Demokratie. Und alle reden von Bushs Charme-Offensive
© Volker Skierka
Im Jahr 1874 meldete der Farmer J.F. Glidden aus Illinois eine Erfindung zum Patent an, welches die Tier- und später auch die Menschenhaltung revolutionieren sollte: den Stacheldraht. Seither erobert der mit spitzen Zacken versehene gezwirbelte Draht die Welt. Was ursprünglich dafür gedacht war, große Viehherden zusammenzuhalten, ist heute eine der effizientesten – und preiswertesten – Defensivwaffen der Menschheit.

Seine harmloseste Verwendung findet der Stacheldraht bei der Abwehr von Einbrechern, sein grausamster Einsatz spiegelt sich in den Bildern der Kriegsfotografie und denen der Konzentrationslagern der Nationalsozialisten – als Umzäunung von Gefangenenlagern und tödlichen Minenfeldern. Nach dem Zweiten Weltkrieg trennte er als Eiserner Vorhang Ideologien und Völker, in Sechzigern Polizisten von Demonstranten und bis heute weltweit Militärkasernen, staatliche Einrichtungen und Amtsträger vor verdächtigen Bürgern. Seit den Terroranschlägen vom 11. September hat es den Anschein, als werde der ganze Erdball allmählich eine Stacheldrahtkugel, der Reisefreiheit und den offenen Grenzen in der globalisierten Welt zum Trotz. Die fortschreitende Vernetzung der Bürger geht einher mit einem Verlust ihrer Bewegungsfreiheit... [...]
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DER TAGESSPIEGEL, Dritte Seite
26.01.2004
Guantánamo II
Wo endet das Recht?
Hunderte von „Terroristen“ sitzen in einem US-Lager weitab von der Welt – ein Besuch in Guantanamo Bay auf Kuba
© Volker Skierka
Die Farbe Orange. Seit dem 11. September 2001 steht sie in Amerika für den Verlust von Freiheit. Als Synonym für ein Leben in ständiger Bedrohung. Bei Terroralarm der Stufe „Code Orange“ droht überall Gefahr. Und Reisen in den Zeiten von „Code Orange“ bedeutet: Jeder ist verdächtig. Doch als der Autor an einem Januarmorgen im Marinestützpunkt Jacksonville in Florida sein Ticket mit der Nummer „VS206804PRC000“ in die Hand gedrückt bekommt, weiß er, dass er keine Gefahr für die nationale Sicherheit der Vereinigten Staaten darstellt. Schon vor Wochen musste sich sein Name auf eine Odyssee durch die Computer des Pentagon sowie der US-Sicherheits- und Geheimdienste begeben, ehe er die Erlaubnis erhielt, auf dem Militärflug BLM3 mitreisen zu dürfen. „Allein neun Tage dauerte es, bis Ihre FBI-Überprüfung vorlag“, wird ihm später jemand verraten. „Checked and cleared“, und „embedded“ in die von ihm unterschriebenen Verhaltensregeln der Public-Relations-Abteilung des US-Verteidigungsministeriums ist er schließlich unterwegs an ein für gewöhnliche Reisende verbotenes Ziel... [...]
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DER TAGESSPIEGEL
22.04.2002
Guantanamo I
Was tun die Yankees auf Kuba?
© Volker Skierka
Das knusprig-braune und fettglänzende Brathuhn, das der kubanische Kellner serviert, weckt nostalgische Erinnerungen an den legendären Gold-Broiler zu DDR-Zeiten. Um so mehr, weil der Blick vom Mittagstisch direkt auf eine Grenzanlage fällt, die dem „antifaschistischen Schutzwall“ ähnelt, welcher einst die Erde in ideologisch verfeindete Hälften dividierte. Minenfelder, Panzersperren, Stacheldrahtverhaue, Bunker, elektronische Sicherungsanlagen, Patrouillenwege, Wachtürme sind von dem über 400 Meter hoch gelegenen Aussichtspunkt „Los Malónes“ aus zu sehen. Dazwischen ein einsamer Grenzübergang, überragt von zwei Fahnenmasten. An dem diesseits flattert die kubanische Flagge, an jenem drüben die der Vereinigten Staaten von Amerika. „Drüben“, das ist der US-Flottenstützpunkt Guantánamo. Er ist 117,5 Quadratkilometer groß und liegt auf kubanischem Territorium. Uncle Sam, Fidel Castros Klassenfeind, hat ihn sich vor 99 Jahren angeeignet. [...]
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